Wer ist Rosa Lazarus? Dieser Frage geht das niederländisch-deutsches Projekt „Rosa – eine unsichtbare Frau“ auf den Grund. Im Rahmen des Projekts entstanden unter anderem ein Dokumentarfilm und eine Ausstellung. Inzwischen feierte der Film in Groningen und Oldenburg seine erfolgreiche Premiere. Bald ist er nun auch im Landkreis Leer zu sehen. Zudem startet am 7. November die Ausstellung in der Ehemaligen Jüdischen Schule Leer. Rosa Lazarus wurde 1893 in Stapelmoor (Landkreis Leer) als Kind jüdischer Eltern geboren. Ihre Lebensgeschichte bietet einen bewegenden Einblick in Flucht und Migration während der Nazi-Zeit, die sie in ihrem Versteck in Groningen überlebte.

Einen Überblick über alle Film-Termine mit Aufführungen in Leer, Weener und Stapelmoor finden Sie am Ende des Artikels.

Zahlreiche Jüdinnen und Juden aus Nordwestdeutschland waren – wie Rosa Lazarus – während der 1930er Jahre in die Niederlande geflüchtet. Dort suchten sie Schutz vor der Verfolgung durch die Nazis. Über Kontakte ihrer Verwandten gelang Lazarus, die inzwischen in Oldenburg lebte, die Flucht zu Binne Roorda nach Groningen. Er war im Widerstand aktiv und nahm zwischen 1942 und 1945 acht Jüdinnen und Juden in seinem Haus auf, die so dem Holocaust entgingen. Während Rosa Lazarus dank dieser mutigen Aktion überlebte, fiel Binne Roorda kurz vor Kriegsende dem Nazi-Terror zum Opfer.

„Das Ziel dieses Projekts ist es, die bewegte Geschichte der Rosa Lazarus detailliert aufzuarbeiten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Lebensweg von Rosa Lazarus steht für ein Kapitel in der Geschichte des Raums Oldenburg-Ostfriesland-Groningen, das in der lokalen Geschichtsschreibung bisher vernachlässigt wurde. So bieten sich neue Perspektiven für eine grenzübergreifende europäische Erinnerungskultur“, sagt Filmemacher Farschid Ali Zahedi. Die Koordination und Leitung des Projektes unterliegt dem gemeinnützigen Oldenburger Verein „Werkstattfilm“.

„Wir sind seit über 20 Jahren auf dem Gebiet der regionalen Film- und Medienarbeit sowie der Mediengeschichte tätig. In dieser Zeit wurden zahlreiche gesellschaftlich relevante Themen mit Hilfe visueller Medien aufgearbeitet. Ergebnisse dieser Arbeit sind eine Vielzahl Dokumentarfilme, Ausstellungen und Publikationen. Ein Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Aufarbeitung der lokalen Geschichte des Nationalsozialismus“, so Zahedi.
„Als niederländische Kooperationspartner unseres zweisprachigen Projekts konnten wir die Jüdische Gemeinde Groningen gewinnen, ebenfalls arbeiten wir eng zusammen mit einem Team um die niederländische Autorin Ytje Stevens-Roorda, die zur Geschichte ihres Großvaters Binne Roorda recherchiert.“

Neben dem Dokumentarfilm entsteht eine (Online-)Ausstellung sowie ein pädagogisches Vermittlungskonzept. „Wir möchten Lehrerinnen und Lehrer besonders dazu einladen, sich bei Interesse an einer Kooperation an uns zu wenden“, so die Projekt-Organisatoren.
Sowohl die Ausstellung als auch das Vermittlungskonzept sollen zum Projektabschluss in Oldenburg und Groningen präsentiert werden.

Nach der erfolgreichen Premiere in der Synagoge in Groningen stand am Wochenende die Deutschland-Premiere des Films im Oldenburger Kulturzentrum PFL auf dem Programm. Im Rahmen der Vorführung war auch Elisabeth Schlesinger zu Gast. Die Vorsitzende der Jüdische Gemeinde zu Oldenburg verwies darauf, dass weiterhin eine Notwendigkeit der Erinnerung bestehe. Sie betonte aber auch, dass jüdisches Leben in Deutschland heute vielfältig ist und nicht nur auf die Shoah und die damit verbundene Opfererfahrung reduziert werden sollte. Eske Kadijk vom „Net(z)werk+“-Projekt der Ems Dollart Region hob die Besonderheit der grenzübergreifenden deutsch-niederländischen Kooperation des Projekts hervor. So sein es möglich gewesen, die Geschichte umfassend in der ganzen Region aufzuarbeiten – und nicht nur bis zur Grenze.

Ermöglicht wird die Organisation des Film- und Ausstellungsprojektes durch die Unterstützung aus dem INTERREG-Projekt „Net(z)werk+“ der Ems Dollart Region (EDR). Das Projekt wird im Rahmen des INTERREG V A-Programms Deutschland-Nederland mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und von den Provinzen Drenthe, Fryslân und Groningen sowie vom Niedersächsischen Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung kofinanziert.

Die nächsten Termine der Filmvorführungen und der Ausstellung:

Freitag, 06.11.20, 19 Uhr, Theater an der Blinke, Leer
Film und Gespräch mit Farschid Ali Zahedi
– vorher Klezmermusik (draußen) mit dem Saxophon-Ensemble „Carpe diem“, Leitung: Uwe Heger
Veranstalter: Ehemalige Jüdische Schule Leer
Voranmeldung: kultur@lkleer.de, Tel.: 0491 926 4100 oder 0491 9264101, kostenfrei

Donnerstag, 12.11.20, 18 Uhr und 19.30 Uhr, Gemeindehaus „Alte Schule“, Stapelmoor
Film und Gespräch mit Farschid Ali Zahedi
– vorher Klezmermusik (draußen) mit dem Saxophon-Ensemble „Carpe diem“, Leitung: Uwe Heger
Veranstalter: Ev.-ref. Kirchengemeinde Stapelmoor
Voranmeldung: 04951-912056 (jeweils 25 Plätze), 8 Euro

Dienstag, 17.11.2020, 19 Uhr, Georgskirche, Weener
Film und Gespräch mit Farschid Ali Zahedi
– vorher Klezmermusik (draußen) mit dem Saxophon-Ensemble „Carpe diem“, Leitung: Uwe Heger
Veranstalter: Ev.-reformierte Kirchengemeinde Weener
Voranmeldung: 04951 8601, 8 Euro

Ausstellung vom 07.11.2020 bis 17.01.2021
Ehemalige Jüdische Schule Leer
Ubbo-Emmius-Straße 12, 26789 Leer
Öffnungszeiten: donnerstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr