In den vergangenen Tagen entdeckten Landwirte im Landkreis Leer Hunderte tote Wildvögel auf den Flächen im Deichvorland. Täglich werden weitere Kadaver gefunden werden – vor allem in den Gemeinden Bunde und Jemgum. Verantwortlich ist vermutlich die Geflügelpest, die noch weitere Kreise ziehen könnte.

Die Felder im Rheiderland sind wichtige Rastplätze für Hunderttausende Vögel. Im Deichvorland von Ems und Dollart kam es nun zu den zahlreichen Funden toter Tiere. Inzwischen wurden unter anderem in Bunde und Ditzum sogar Entsorgungscontainer aufgestellt. Der Landkreis Leer geht davon aus, dass die Geflügelpest (Vogelgrippe) für das Massensterben der Vögel verantwortlich ist. Mehrere der aktuell verendeten Vögel werden derzeit noch beim Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) untersucht. Zuvor wurden bereits 22 verendete Wildvögel überprüft. Bei zwölf von ihnen wurde definitiv die Geflügelpest nachgewiesen.

Doch eine andere Ansteckungsgefahr lauert auf den Rasenflächen selbst, wie der Rheiderländer Landwirt Hero Schulte erläutert. Der Kot der Vögel liege auf dem Rasen und ist im Seuchenfall ein Hauptproblem. Vögel wie der Kiebitz und der Brachvogel suchen auf den kotbedeckten Feldern nach Nahrung. Und können sich so anstecken. Auch Graureiher seien schon verendet. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann das Virus in Vogelkot mindestens einige Tage überleben – bei niedrigen Temperaturen sogar länger. Und noch eine Gefahr droht: Aus dem Gras der Felder wird das Futter für die Rinder der Landwirte gewonnen. Geraten tote Vögel in die Silage, können Bakterien in das Futter gelangen, an denen Kühe schlimmstenfalls sterben.

Beim Landkreis Leer wird die Lage mit jedenfalls mit Sorge betrachtet. Dort gehen die Verantwortlichen davon aus, dass es nicht bei den Funden im Deichvorland bleiben wird. Tote Vögel im Hinterland seien wahrscheinlich: „Bei Wildvögeln ist der Fundort der toten Tiere und der Ort ihrer Ansteckung aufgrund der unterschiedlichen Futteraufnahme- und Raststätten selten identisch. Das Geflügelpestvirus lässt sich daher nicht räumlich eingrenzen“, heißt es dazu in einer Mitteilung des Landkreises.

In diesem Zusammenhang wird von den Landkreis-Verantwortlichen auch eine deutliche Warnung an die Bevölkerung ausgesprochen: „Meiden Sie die betroffenen Gebiete, insbesondere entlang der gesamten Ems-Deichlinie. Verzichten Sie auf Spaziergänge und Fahrradtouren durch dieses Gebiet. Das gilt auch für die dort verlaufenden Wirtschaftswege. Achten Sie darauf, dass es zu keinem Kontakt mit verendeten oder verendenden Tieren kommt.“
Zwar ist es unwahrscheinlich, dass sich auch Menschen anstecken, aber nicht ausgeschlossen. 2003 kam es zum Beispiel in den Niederlanden zu einem Ausbruch des Virus-Subtyps H7N7. Dabei infizierten sich 89 Personen. Ein Mensch starb daran.

Wie schnell sich die Geflügelpest ausbreiten kann, zeigte sich an der Wattenmeerküste in Schleswig-Holstein. Seit Oktober wurden dort bereits über 17.000 tote Tiere gefunden. Die Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat die Geflügelpesterreger des Subtyps H5N8 und H5N5 nachgewiesen.

Zumindest ist im Landkreis Leer noch kein Geflügelbetrieb von der Vogelgrippe betroffen. Vorsorglich gilt bereits seit mehreren Wochen die Stallpflicht für Geflügel. Das Eindringen von Wildvögeln in Ställe oder Unterbringungen soll weiterhin unbedingt unterbunden werden.

Auch in den Niederlanden gilt seit dem 23. Oktober die Stallpflicht. In 13 Geflügelfarmen kam es seitdem zu Geflügelpest-Ausbrüchen. In unserer Region mussten deshalb die Tiere von Höfen in Lutjegast, Sint Annaparochie, Buitenpost und Witmarsum gekeult werden. Das letzte Mal, dass das Virus in einem Geflügelbetrieb in den Niederlanden gefunden wurde, war am 20. Februar in Sint-Oedenrode (Provinz Nordbrabant).