Der Impfskandal in Friesland zieht weiterhin weite Kreise. Statt eines Impfstoffs könnte mehr als 10.000 Personen Kochsalzlösung gespritzt worden sein. Inzwischen wird ein politisches Motiv hinter der Tat vermutet. Um die Vorfälle lückenlos aufzuklären, wurde nun eigens die gesonderte „Ermittlungsgruppe Vakzin“ eingerichtet, wie die Polizeidirektion Oldenburg heute bestätigte.

Der Impf-Vorfall geht zurück auf den April dieses Jahres. Verantwortlich ist eine Krankenschwester, die im Impfzentrum Roffhausen tätig war. Roffhausen ist ein Stadtteil von Schortens im Landkreis Friesland. Sicher ist: Sie hat zahlreichen Menschen statt eines Impfstoffs lediglich eine Kochsalzlösung injiziert. Warum die Frau das gemacht hat, ist weiterhin unklar. Zunächst hatte sie gesagt, dass ihr beim Anmischen des Impfstoffs mehrere Ampullen heruntergefallen waren. Um dieses Missgeschick mit dem teuren Wirkstoff zu vertuschen, habe sie Kochsalzlösungen in die Spritzen gefüllt. Ihr Anwalt widerrief vergangene Woche diese Aussage.

Nun könnte der Vorfall noch ganz andere Dimensionen annehmen. Denn wie unter anderem „DER SPIEGEL“ berichtet, soll die Krankenschwester offen für Verschwörungstheorien gewesen sein. In ihren sozialen Medien habe sie die Corona-Gefahr heruntergespielt. Zudem teilte sie Bilder aus Reihen der Corona-Leugner. NDR Niedersachsen berichtet sogar, dass die Frau ihren eigenen Impfpass gefälscht haben soll. Die Beschuldigte bestreitet diese Vorwürfe.

Doch offensichtlich scheint sie im Impfzentrum schon längere Zeit nur Kochsalzlösungen gespritzt zu haben. Der Landkreis Friesland bezifferte die Anzahl der betroffenen Personen vergangene Woche auf 10.183 Menschen.

Doch unklar bleibt: Haben alle diese Personen wirklich nur Kochsalz bekommen? Oder wurde doch noch ein Impfstoff gespritzt? Die Nachimpfungen haben jedenfalls inzwischen begonnen. Betroffen sind vor allem Menschen über 70 Jahre, die im Frühjahr vorrangig geimpft werden sollten. Es bleibt das Risiko, dass einige Bürger*innen jetzt vielleicht eine dritte oder sogar vierte Dosis injiziert bekommen. Claudia Schröder, Corona-Krisenstabsleiterin in Niedersachsen, versucht den Menschen die Sorgen zu nehmen: „Eine Wiederholungs-Impfung ist selbst dann anzuraten und unproblematisch, wenn zuvor schon eine Impfung erfolgreich war.“

Die Polizeidirektion Oldenburg hat unterdessen die gesonderte „Ermittlungsgruppe Vakzin“ eingerichtet. „Umfang und Komplexität der Ermittlungen haben sich deutlich erhöht. Daher ist es notwendig, die Inspektion Wilhelmshaven/Friesland zu unterstützen und die Ermittlungsarbeit breiter aufzustellen“, so Polizeivizepräsident Andreas Sagehorn. Insgesamt gehören der Gruppe zunächst acht Personen an.

Dabei wird die Ermittlungsgruppe insbesondere auch die Hinweise auf eine politische Motivation hinter den Vorfällen unter die Lupe nehmen. Wie die Polizei bestätigt, könne als „Motiv eine kritische Haltung zum Thema Impfungen nicht ausgeschlossen werden“.