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Mit seinem autobiografischen Buch „Niemals satt“ hat Jan Gorkow, besser bekannt als Monchi, seine persönliche Geschichte erzählt. Der Sänger von Feine Sahne Fischfilet gewährt darin intime Einblicke in seinen langjährigen Kampf gegen Fresssucht, Übergewicht und den Jo-Jo-Effekt. Am Sonntagabend stellte er das Buch in einer Lesung im voll besetzten Leeraner Zollhaus auch in Ostfriesland vor.
Das Werk, das 2022 erschien, schaffte es sogar zum Spiegel-Bestseller. In Leer präsentierte „Monchi“ erstmal ergänzend einige neue Texte und erläuterte, dass der Kampf gegen das Übergewicht ein dauerhafter Kampf sei. Aktuell sei er wieder bei etwa 150 Kilogramm. Über 180 Kilogramm wog er, als er während der Corona-Zeit den Entschluss fasste, etwas ändern zu müssen. Mit eisernem Willen hatte er zwischenzeitlich 65 Kilogramm abgenommen. „Dabei ging es mir nicht darum, irgendwelchen Schönheitsidealen von Instagram zu entsprechen. Ich werde nie ein Sixpack haben. Aber ich war in meiner Mobilität und im Alltag so eingeschränkt, dass ich etwas ändern musste.“
So habe er nur noch Flip-Flops getragen, da es ihm schwer fiel, sich die Schuhe zuzubinden.
Als er gemeinsam mit antifaschistischen Freunden einer Horde von gewaltbereiten Faschisten begegnet, war es ihm nicht möglich zu flüchten. Im Gegenteil: Er rannte so langsam, dass die Neonazis im ersten Moment denken, dass er einer von ihnen sei, weil er nicht abhaute.
Klobrillen gingen unter seinem Gewicht zu Bruch. Es war ihm kaum noch möglich, sich den Hintern abzuwischen. Offen zeigte er sich nicht nur in diesen Erzählungen. Als er auf der Bühne des Zollhauses in einer Badewanne Platz nahm, um dort aus seinem Buch weiterzulesen, entkleidete er sich bis auf die Unterhose – die passende Symbolik zum emotionalen Striptease, den er im Buch vollzog.

Die Offenheit rief in den vergangenen zwei Jahren viele Reaktionen hervor. Besonders bewegt hat ihn das Feedback von Leser*innen, die in seiner Geschichte eigene Probleme wiedererkannten. „Mir war klar, dass Menschen mit starkem Übergewicht etwas mit dem Buch anfangen können“, erzählt er. Doch die Vielzahl der Rückmeldungen, auch von Menschen mit anderen Essstörungen wie Magersucht, überraschte ihn. Viele hätten berichtet, wie das Buch für sie ein Wendepunkt war: „Es gab Menschen, die gesagt haben, mein Buch war der Startschuss für ihre eigene Veränderung – das ist ein krasses Gefühl.“ Doch auch Neid spielte eine Rolle.

Besonders die Rückkehr zu einem normalen Verhältnis zum Essen stellte für Jan „Monchi“ Gorkow die größte Herausforderung dar: „Ich habe selten Hunger. Essen wurde oft zur Kompensation, wenn ich Sorgen oder Ängste hatte. Ich musste und muss lernen, normal zu essen – und das ist schwerer, als es klingt.“
Mit der Band wieder unterwegs zu sein und weniger Zuhause zu sein, erschwere das Gleichgewicht. Denn es gibt für ihn wichtige Erkenntnisse, wie er zum Abschluss betont: „Wenn es meinem Geist gut geht, behandele ich auch meinen Körper besser. Je beschissener ich zu mir selbst bin, desto beschissener bin ich auch zu anderen. Ich kann nur versuchen, kontinuierlich dazuzulernen. Nur weil ich es einmal geschafft habe, so viel abzunehmen, heißt es nicht, dass ich gewonnen habe. Mein Ziel muss es bleiben, den täglichen Kampf gegen den Schweinehund zu bestehen. Wenn ich es schaffe, kontinuierlich gegen diese Fressattacken, gegen die Ausnahmen und gegen den Jo-Jo-Effekt weiterzukämpfen, ist das der größte Sieg, der für mich drin ist.“