Immer mehr Unternehmen wollen papierlos arbeiten, um nachhaltiger zu werden. Doch in der Praxis klappt das noch nicht immer so wie gewünscht. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, bei der niederländische und deutsche Unternehmen im Fokus standen.

„Größte Hindernisse für den Fortschritt sind traditionelle Arbeitsweisen und Führungskräfte, die mit schlechtem Vorbild vorangehen“, sagt Hans Koekkoek, Pressesprecher von Fellow Digitals. Das niederländisch-deutsche Unternehmen hat die Studie „Papierloses Arbeiten – Monitor 2020“ veröffentlicht.

Seit 2013 veröffentlicht Fellow Digitals alle drei Jahre diese Studie. Analysiert werden dabei 750 Unternehmen in Deutschland und den Niederlanden – aber inzwischen auch in Belgien, Österreich und der Schweiz. „Mit jeder Neuausgabe der Studie wird der wachsende Wunsch nach Nachhaltigkeit und papierlosem Arbeiten deutlicher. Auch 2020 ist dieses Bedürfnis gestiegen – beeinflusst durch vermehrtes Homeoffice in der Corona-Pandemie“, so Hans Koekkoek. So würden inzwischen nur noch 29 Prozent der befragten Deutschen der Aussage „Um gut zuhause arbeiten zu können, drucke ich viel aus” zustimmen. Im Jahr 2015 stimmten noch 42 Prozent der Befragten dieser Aussage zu.

Hans Koekkoek sieht eine Diskrepanz zwischen dem wachsenden Verantwortungsgefühl für Nachhaltigkeit auf der einen Seite und hartnäckigen (Druck-)Gewohnheiten auf der anderen Seite. „Menschen in Unternehmen nutzen immer noch viel Papier, unabhängig von Alter, Geschlecht und Funktion. Trotz Digitalisierung halten wir noch sehr an gewohnten Arbeitsweisen fest. Technologien und Tools unterstützen zwar den Fortschritt des Digitalen, doch entscheidend ist die Einstellung der einzelnen Mitarbeitenden und ihrer Vorgesetzten. Viele Vorgesetzten drucken noch immer viele Berichte aus und sind damit leider ein schlechtes Vorbild.” Niederländer*innen machen sich der Studie zufolge gerne Notizen auf Papier (62 Prozent der Befragten). Deutsche blättern hingegen gerne und mögen es, auf Papier einen gesamten Überblick über das Dokument zu haben (rund 60 Prozent der Befragten).

Von der Pandemie zum papierlosen Büro?
Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag verändert, doch wirkt sich das kaum auf den Papierverbrauch aus – weder in einem starken Rückgang von gedruckten Seiten, noch in einer Zunahme. „Das ist durchaus auffällig, da Heimarbeit in den Jahren zuvor als Grund galt, um Unterlagen auszudrucken“, sagt Koekkoek.

Er sieht hier die betriebliche Softwareintegration als ausschlaggebend. „Spätestens seit Beginn der Pandemie ist cloudbasierte Software vermehrt im Unternehmensalltag angekommen. Das macht es einfacher, von zuhause aus zu arbeiten, führt aber nicht automatisch zu geringerem Papierverbrauch. Stattdessen kommt es sehr darauf an, wie Betriebe ihre Prozesse eingerichtet haben und ob Menschen bereit sind, sich den geänderten Umständen anzupassen. Auch nach der Pandemie werden noch viele Menschen von zuhause aus arbeiten. Langfristig werden sich hybride Formen zwischen Büro- und Heimarbeit etablieren. Je weniger Mitarbeitende jedoch örtlich zusammenkommen, desto wichtiger ist es für den Betrieb, Strukturen zu schaffen. Vor allem solche, die auch die Zusammenarbeit zwischen den Menschen ermöglichen.“

Jan Schaller, Autor des Buches „Papierlos studieren“, erwartet trotz voranschreitender Digitalisierung vorerst keine vollständige Papierlosigkeit: „Für die jüngere Generation ist es eher ungewöhnlich, sich eine PDF-Datei auszudrucken. Der Hinweis aus der Studie, dass gerade Führungskräfte überproportional viel drucken, bestätigt das. Die Führungskräfte sind tendenziell älter. Gleichzeitig werden zum Beispiel Bücher vor allem im Freizeitbereich nicht verschwinden. Es hat einfach etwas für sich, in den Seiten zu blättern, oder den eigenen Lesefortschritt ganz physisch zu erfahren.“

Jan Tjerk, Chefberater bei der „Human Capital Group“, ergänzt: „So gesehen wird die Trennlinie zwischen Papier und Digitalnutzung weiter wachsen. Digital wird die Norm für Arbeit und Geschäftstransaktionen werden.“ Papier werde seinen Platz in der Freizeit behalten, wo „Emotion im Vordergrund steht“.

Für 2023, wenn die nächste Studie „Papierlos Arbeiten“ erscheint, erwartet Hans Koekkoek eine deutliche Steigerung in der Wertschätzung des digitalen Arbeitens und dass das papierlose Büro ein gutes Stück näher gekommen ist. „2020 jedenfalls hat es nicht als Jahr des Umbruchs geschafft – zumindest nicht, was den Papierverbrauch betrifft“, so Koekkoek.

Die Studie mit allen Ergebnissen zum papierlosen Arbeiten kann hier heruntergeladen werden.

Bilder: Fellow Digitals