Zwei Wochen nach dem Start der verschärften Corona-Maßnahmen in den Niederlanden zeigen sich zumindest im Norden des Landes die ersten Erfolge: Die Reproduktionszahl (R) liegt seit mehreren Tagen bei unter 1,0. „Wir sind auf einem guten Weg. Aber wir müssen noch weiter durchhalten. Erst dann bin ich wirklich optimistisch“, sagt der deutsche Mikrobiologe Prof. Dr. Alex Friedrich, der am Uni-Klinikum Groningen (UMCG) tätig ist. Ihm bereitet allerdings Sorge, dass sich wieder vermehrt ältere Menschen infizieren.

Friedrichs Team am UMCG berechnet regelmäßig die Reproduktionszahlen für den Norden des Landes. Während der R-Wert im landesweiten Durchschnitt in den Niederlanden immer noch über 1,0 liegt, geben die Werte im Norden Anlass zur Hoffnung. In den Provinzen Friesland und Groningen ist die Reproduktionszahl derzeit bei 0,8. Die Reproduktionszahl gibt an, wie viele Menschen eine infizierte Person durchschnittlich ansteckt, wenn noch niemand in der Bevölkerung immun ist.
„Es sieht danach aus, dass die Infektionsraten im Norden wieder die niedrigsten in den Niederlanden sein werden“, sagt Friedrich. Die Hotspots in der niederländischen Grenzregion werden weniger. Lediglich Südost-Drenthe, Stadskanaal und Westerwolde bereiten weiterhin Sorgen.
Sorgen bereitet Friedrich aber auch, dass das Durchschnittsalter der Infizierten steigt. Nach dem Sommer infizierten sich im Norden der Niederlande zunächst viele junge Menschen. Betroffen waren häufig Reiserückkehrer und Studenten. Wie auch in anderen niederländischen Studentenstädte explodierten die Infektionszahlen in Groningen.
Die jüngeren Menschen haben aber inzwischen offensichtlich auch wieder zahlreiche ältere Menschen angesteckt. Deren Genesung dauert länger. „Dadurch erhöht sich auch die Aufenthaltsdauer der Menschen im Krankenhaus“, erklärt Friedrich. Das bedeutet gestiegene Anforderungen an das Pflegepersonal.
Noch seien die Kapazitäten in den Krankenhäusern der Grenzregion aber ausreichend – auch, wenn die Situationen in den Kliniken unterschiedlich sind. So habe das Krankenhaus in Emmen bereits Probleme gehabt, die zahlreichen coronabedingten Neuaufnahmen zu bewältigen.

Alex Friedrich hofft, dass die Reproduktionszahl im nördlichen Grenzgebiet der Niederlande auch in der kommenden Woche unter 1,0 bleiben wird: „Die Situation bei uns im Norden ist natürlich nochmal eine ganz andere als die in den Ballungsgebieten im Westen der Niederlande. In Rotterdam ist der Inzidenzwert* bei etwa 600. Hier im Norden liegt er bei etwa 150. Es ist wichtig, dass wir die Maßnahmen trotz der ersten Erfolge weiterhin konsequent einhalten. Wir können den Menschen eigentlich nur sagen: Bleiben Sie im Norden. Nirgendwo in den Niederlanden ist es so sicher wie hier.“

*Corona-Infektionen auf jeweils 100.000 Einwohner der Region